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21.04.2022
Studium

Theorie, Technik, Therapie

Die EU|FH schult Logopädie nah am Alltag: Beratung, Diagnostik und Therapie. Studierende lernen von Dozierenden, Patient:innen und voneinander. Das EU|FH Magazin blickt in sechs Bildern in das ausbildungsintegrierte Studium an der Hochschule.

von Jule Fuchs

EUFH Magazin Logopädie Theorie EUFH Magazin Logopädie Theorie

Die Theorie

Uns allen steckt ein Kloß im Hals. Das knorpelige Gebilde ist ein Meisterwerk der Evolution: der Kehlkopf. Anfangs saß das Organ höher, regulierte als Pförtner nur Atmen und Schlucken. Als die Menschen vor etwa 150.000 Jahren zu sprechen begannen, senkte er sich hinab. Der Kehlkopf bildete mit seinen Stimmlippen die anatomische Voraussetzung für Sprache – gemeinsam mit Zunge und Gaumen.

Auf solchem anatomischen Wissen basiert die Logopädie. Welche Organe kollaborieren? Warum tönt unsere Stimme? Wie formen sich Laute? Und was hat unser Gehirn damit zu tun? EU|FH-Dozierende erläutern Studierenden theoretische Grundlagen für Diagnose, Methode und Therapie.

Sie legen das Fundament für evidenzbasiertes Denken und empirisches Arbeiten. Auf dieser Basis werden die angehenden Logopäd:innen Symptome wissenschaftlich einordnen, Krankheitsverläufe kritisch hinterfragen und die richtige Behandlungsstrategie entwickeln.

EUFH Magazin Logopädie Technik

Die Technik

Stimmlippen stehen unter Spannung. Sprechende gönnen ihnen wenig Pausen, wenn sie Lärm übertönen oder lange reden. Die Folge: Betroffene klingen dauerhaft heiser. Selten sind organische Fehlfunktionen die Ursache, sondern zumeist funktionelle Aspekte wie eine falsche Atemtechnik.

Welche Organe beteiligen sich an der Atmung? Wie beeinflussen Zwerchfell, Lunge und Körperhaltung die Stimme? Das erfühlen Studierende zum Beispiel mit dem Scherengriff: Jede:r legt eine Hand auf den eigenen Bauch und die andere auf die bauchberührende Hand der anderen Person. Atmen. Und spüren. So fühlt sich der Bauch bei hoch- und tiefgelagerter Atmung an.

Solche praktischen Sequenzen schulen das eigene Empfinden und das Erspüren des Gegenübers. Atmen Sprechende richtig, schonen sie ihre Stimmlippen. Den Scherengriff nutzen Logopäd:innen bei Patient:innen unter anderem in der Stimm- und in der Stottertherapie.

EUFH Magazin Logopädie Schallpegelmessung

Die Diagnose

Mehr als 1.000 mal in der Sekunde flattern die Stimmlippen, wenn sie das hohe C erzeugen. Die zwei mit Schleimhaut überzogenen, elastischen Bänder sind waagerecht im Kehlkopf verankert. Je tiefer die Töne, desto langsamer schwingen sie.

Mit einer Schallpegelmessung machen Studierende die Lautstärke der Stimme in einer Grafik sichtbar. Dafür spielt ein:e Studierende:r auf einem Keyboard hohe und tiefe Töne vor, die ein:e andere:r nachsingt. Sowohl maximal laut wie maximal leise. Ein Aufnahmegerät zeichnet die Töne auf. Mithilfe des Stimmfeldes können Studierende Störungen diagnostizieren.

Logopäd:innen nutzen Schallpegelmessungen beispielsweise bei Patient:innen mit Parkinson, die oft zu leise sprechen. Das sogenannte Biofeedback hilft ihnen bei der Selbstwahrnehmung.

EUFH Magazin Logopädie neurologische Erkrankung

Die Therapie bei neurologischen Erkrankungen

Nuscheln. Sprachaussetzer. Häufiges Verschlucken. Darunter leiden besonders Schlaganfall-Patient:innen oder Parkinson-Erkrankte. Logopäd:innen ergründen die Störung im komplexen Schluckprozess.

Welche Übungen helfen, welche Therapie nützt? Patient:innen können vor jedem Schluck die Luft anhalten und anschließend kräftig husten, damit kein Wasser in die Lunge gerät.

Studierende behandeln vom dritten Semester an in der internen Lehrpraxis. Im Duo diagnostizieren sie echten Patient:innen, erstellen einen Behandlungsplan und therapieren begleitet von Dozierenden.

EUFH Magazin Logopädie Therapie mit Kind

Die Therapie bei Kindern

Wie spuckt das Lama? – „te“

Wie schlägt der Hammer? – „ke“

Laute wie /t/ und /k/ sowie /d/ und /k/ erschweren vielen Kindern das Sprechen. Sie sagen „Tuchen“ statt „Kuchen“. Damit sie an den richtigen Stellen eines Wortes die korrekte Aussprache verwenden, illustrieren Studierende ihren kleinen Patient:innen diese in Bildern. Das Gehirn verknüpft das Gesehene mit den zugehörigen Lauten.

Erst wenn Kinder gehörte Laute unterscheiden, therapieren die angehenden Logopäd:innen ihre Aussprache. In dieser finalen Phase artikulieren die Kinder Wörter wie „Tasse“ und „Kasse“ korrekt und Missverständnisse in der Alltagskommunikation werden weniger. Solche phonologischen Therapien trainieren Studierende in der Internen Lehrpraxis.

EUFH Magazin Logopädie Therapie

Die Reflexion

Während ein:e Studierende:r ein Kind logopädisch coacht, wird diese:r von einer Co-Therapeutin oder einem Co-Therapeuten beobachtet. Therapie im Tandem heißt: Zwei Studierende behandeln Patient:innen in der hochschuleigenen Lehrpraxis. Ein:e Dozent:in begleitet und berät das Duo im dritten Semester. Im siebten Semester therapieren Studierende allein, begleitet von einer Dozentin oder einem Dozenten hinter dem einseitigen Spiegel.

Studierende wenden die Theorie in der Praxis an, beobachten und dokumentieren reale Situationen. Wie agieren angehende Therapeut:innen und wie reagieren Patient:innen?

Abschauen, fragen, mitreden, voneinander lernen. Studierende aller Semester können hinter dem einseitigen Spiegel hospitieren. Je interessanter die Fälle, desto mehr Beiwohnende. Nach der Therapiestunde reflektieren alle gemeinsam mit dem:der Dozent:in das Geschehene, besprechen Effizienz, Wirkung und Fortschritt. Davon profitieren alle – Studierende, Patient:innen sowie Dozierende.

Prof. Dr. Katja Garling Studiengangsleitung Logopädie

Prof. Dr. Katja Garling leitet den Studiengang Logopädie (B.Sc.) an der EU|FH. 


Bildnachweise:
© EU|FH | Henrik Bartels (5)
© 4. Bild: iStock | jeangill

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