.
11.10.2021
News

Physician Assistants, eint Euch!

Unbekannt. Das ist vielen deutschen Ärzt:innen der Beruf der Physician Assistants. Dabei gibt es den Bachelorstudiengang seit dem Jahr 2005. Immer mehr Absolvent:innen strömen auf den Gesundheitsmarkt, rund 800 deutschlandweit. Mit ihrer Anzahl wächst auch die Akzeptanz von Physician Assistants. Warum sie dennoch um Anerkennung ringen, wieso es an gesetzlichen Leitplanken fehlt und wie sich Physician Assistants organisieren – Hier sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

von Jule Fuchs

Physician Assistance Master Physician Assistance Master

1. Warum ist der Beruf des Physician Assitsnts noch nicht so anerkannt?

Der Beruf Physician Assistant ist in Deutschland noch recht jung. Erst seit dem Jahr 2005 bieten deutsche Hochschulen den Studiengang an. Zum Vergleich: In den USA ist er seit mehr als drei Jahrzehnten im Gesundheitssystem etabliert, in jedem Krankenhaus sichern Physician Assistants die Qualität. Dagegen bereichern in den rund 1.900 deutschen Krankenhäusern nur wenige Physician Assistants die medizinischen Teams.

Unter den laut Statista knapp 410.000 zugelassenen Ärzt:innen in Deutschland ist der Beruf Physician Assistant zudem selbst noch recht unbekannt. Bei manchen Mediziner:innen mangelt es an Vertrauen. „Viele wissen nicht, wie ihnen Physician Assistants helfen können, weil sie unser Know-how nicht kennen. Das wollen wir ändern”, sagt Hendrik Bollen von der Online-Plattform „PA Jobs”.

Dafür benötigen Physician Assistants mehr Sichtbarkeit und Anerkennung. Gegenüber der zahlenmäßig starken und alteingesessenen Ärzt:innenlobby ein ehrgeiziges Unterfangen. David-gegen-Goliath-gleich.

„Eines ist klar: Physician Assistants machen den Ärzt:innen keine Konkurrenz, sondern füllen angesichts des Fachkräftemangels eine klaffende Lücke im Gesundheitssystem”, erklärt Professorin Tanja Meyer-Treschan.

2. Wie kann die Anerkennung des Physician Assistants wachsen?

Zum einen, indem immer mehr Physician Assistants in Deutschland arbeiten. Wenn Ärzt:innen und Pflegekräfte spüren, dass sie die Personalnot lindern. Dass sie ihnen Arbeit abnehmen und die Nähe zu Patient:innen verbessern. „Das Samenkorn Physician Assistance entwickelt erste zarte Triebe im Gesundheitswesen”, sagt Prof. Dr. med. habil. Tanja Meyer-Treschan.

Hinzu kommt: Der Physician Assistant ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Theoretisch kann sich jede:r so nennen. Prof. Tanja Meyer-Treschan: „Wir benötigen deutschlandweit einheitliche Ausbildungsstandards. Zum Beispiel für die Abschlussprüfung. Das ist die Grundlage für ein bundesweit einheitliches Qualitätsniveau, unabhängig von der Hochschule. Wenn alle Physician Assistants also die gleiche Sprunghöhe hätten, dann wäre auch allen im Gesundheitswesen viel klarer, was sie können und dürfen.”

3. Haben Physician Assistants eine Lobby?

Jein. Es gibt zwar den „Bundesverband der Physician Assistant Studierenden Deutschland (BVPAD)” und den „Deutschen Hochschulverband Physician Assistant (DHPA)”, allerdings erhalten diese noch kaum Gehör in Politik und Gesundheitswesen. Das liegt auch daran, dass bisher nur wenige Physician Assistants für ihren Beruf laut eintreten. „Dabei ist gerade das wichtig, um wirklich mitgestalten zu können. Ein Beispiel: In den Krankenhaus-Ausschüssen sitzen fast nur Ärzt:innen, keine Physician Assistants”, sagt Hendrik.

Neben den Berufsverbänden sind die Absolvent:innen der EU|FH gut untereinander vernetzt, einige arbeiten als Dozent:innen. „Wir bekommen viel zurück. Das ist ein Anfang, aber das reicht natürlich nicht. Der Gesetzgeber schafft keine Gesetze für eine so kleine Berufsgruppe”, sagt Prof. Tanja Meyer-Treschan.

4. Warum ist ein Berufsgesetz für Physician Assistants so wichtig?

Klare gesetzliche Leitplanken gibt es für Ärzt:innen und Pflegekräfte. Aber nicht für Physician Assistants. Dabei sind diese bedeutsam. Denn wie sehen die Konsequenzen für Physician Assistants aus, wenn bei einer Behandlung etwas schief geht?

Bislang dürfen Physician Assistants delegierbare Aufgaben ausführen, die die Ärztin oder der Arzt ihnen im Einzelfall überträgt, dabei aber die volle Verantwortung behält. Medizinrechtler:innen sprechen von der Ausübungs- und Anordnungsverantwortung. „Unter diese Aufgaben fallen etwa 70 Prozent der ärztlichen Aufgaben, etwa vorbereitende Anamnese, körperliche Untersuchung, Mitbehandlung beim Setzen eines Herzkatheters. Wir dürfen keine Diagnose stellen und keine Rezepte schreiben”, so Hendrik.

Mittlerweile hat die Bundesärztekammer zwar den Ärzt:innen-Mantelvertrag angepasst, allerdings als Handlungsempfehlung, nicht mit einem Gesetz.

5. Was ist der PA-Day und wozu gibt es ihn?

Mit dem Online PA-Day bietet die EU|FH allen Physician Assistants eine Plattform. Jede:r kann dabei sein, unabhängig von der Hochschule. Auf dem jährlichen Event berichten Ärzt:innen, erfahrene Dozent:innen und PAs aus ihrem Alltag und beantworten Fragen. Wie kann sich ein Physician Assistant rechtlich absichern? Welche Unterschiede gibt es zwischen Physician Assistants in Deutschland und im Ausland? Welche verschiedenen Einsatzbereiche gibt es? „Wir wollen ins Gespräch kommen”, sagt Prof. Tanja Meyer-Treschan.

Weiterführende Links

Bundesverband der Physician Assistant Studierenden Deutschland (BVPAD)
Deutscher Hochschulverband Physician Assitant (DHPA)
Deutsche Gesellschaft für Physician Assistants e.V. (DGPA)
PA Jobs Facebook-Gruppe „Physician Assistance Deutschland”
Facebook-Gruppe „Deutsche Physician Assistants”

 

Bildnachweise:
© Adobe Stock | georgerudy

Beiträge, die dich ebenfalls interessieren könnten

#